Grüner Bunker St. Pauli Transformation eines denkmalgeschützten Flackbunkers in einen öffentlichen Dachgartenb

© 2023 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Die dichte Bepflanzung mit robusten Gehölzen erschafft neue Räume © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Auch aus dem Gebäudeinneren bieten sich grüne Ausblicke © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Öffentlicher Dachgarten mit Apfelbäumen, Rasenfläche, Pergola und umlaufender Sitzmauer © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Stampfbetonmauer - Patina erwünscht! - mit extensiver Staudenpflanzung © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Moosgarten mit Findlingen und Apfelbäumen auf dem sog. "Bunkerkragen" © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Überhängende Gehölze und Fassadenbegrünung bedecken die Gebäudeflächen © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Bunker St. Pauli aus der Vogelperspektive (Stand Baustelle April 2024) © 2024 Julian Benesch Landschaftsarchitektur+

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Der Bunker in der Abenddämmerung © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Der Bunker prägt Hamburgs Silhouette © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Lageplan_Bunker © L+

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Ansicht_Sommer_Sued © L+

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Ansicht_Sommer_West © L+

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Die dichte Bepflanzung mit robusten Gehölzen erschafft neue Räume © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Auch aus dem Gebäudeinneren bieten sich grüne Ausblicke © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

Öffentlicher Dachgarten mit Apfelbäumen, Rasenfläche, Pergola und umlaufender Sitzmauer © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

Stampfbetonmauer - Patina erwünscht! - mit extensiver Staudenpflanzung © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

Moosgarten mit Findlingen und Apfelbäumen auf dem sog. "Bunkerkragen" © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

Überhängende Gehölze und Fassadenbegrünung bedecken die Gebäudeflächen © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

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Bunker St. Pauli aus der Vogelperspektive (Stand Baustelle April 2024) © 2024 Julian Benesch Landschaftsarchitektur+

Der Bunker in der Abenddämmerung © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

Der Bunker prägt Hamburgs Silhouette © 2024 Boris Storz Landschaftsarchitektur+

Lageplan_Bunker © L+

Ansicht_Sommer_Sued © L+

Ansicht_Sommer_West © L+

Historie, Gebäude und Transformation
Der Bunker St. Pauli (Baujahr 1942) diente mit seinen gewaltigen Ausmaßen (Grundfläche 75 x 75 Meter, Höhe 38 Meter) als Schutzraum für mehr als 18.000 Menschen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er u.a. für TV- und Radioproduktionen, Konzerte, Clubs und Kulturveranstaltungen genutzt – in Hamburg kennt man ihn daher auch als „Medienbunker“ – und schließlich unter Denkmalschutz gestellt. Mit seiner Lage in direkter Nachbarschaft zum dicht bevölkerten, lebendigen Karolinenviertel, dem Fußballstadion FC St. Pauli und dem Heiligengeistfeld (mit Volksfest „Hamburger Dom“ mehrfach im Jahr) nimmt das Gebäude eine prominente Rolle im Stadtbild ein.
2014 trug eine Anwohnerinitiative die Idee des terrassierten Neubaus mit Begrünung an den Erbpächter der Immobilie heran. Eine Machbarkeitsstudie legte 2015 den Grundstein für die Planung, 2024 erfolgte die Übergabe an Öffentlichkeit und die Bauherrin Matzen Immobilien KG. Der 20 Meter hohe Neubau beherbergt ein Hotel, Gastronomie, eine Multifunktionshalle für Veranstaltungen und Vereinssport, Künstlerwohnungen, Ausstellungsbereiche zur Geschichte des Gebäudes und Räume für Stadtteilarbeit. Noch in der Entwicklung befindet sich ein Gedenk- und Informationsort im einstigen Kontrollstand des Bunkers. Bestandteile der historischen Flakstellungen wurden bewusst freigelegt/freigehalten, um die ursprüngliche Nutzung des Gebäudes stets in Erinnerung zu halten.

Dachgarten und „Bergpfad“
Kernstück der Transformation ist die Dach- und Fassadenbegrünung, die den Neubau in einen „grünen Hügel“ verwandelt. Die Planung umfasste rund 7.600 qm Dachbegrünung und mehr als 3.000 qm Fassadenbegrünung (Rankseilsystem, Stahlnetz, Direktbegrünung und LivingWall).Die Begrünung erstreckt sich über sechs Geschosse, auf der obersten Ebene in 58 Metern Höhe mündet sie in einen öffentlichen Stadtgarten von ca. 1.400 qm mit Aussichtspunkten, Obstbäumen, begrünter Pergola, Sitzmöglichkeiten und kleiner Liegewiese. Ringförmige Gehölzpflanzungen ersetzen hier den sonst erforderlichen Windschutz.

Die Erschließung des Dachgartens erfolgt über eine das Gebäude umlaufende Treppen- und Rampenanlage, den sog. „Bergpfad“ mit einer Länge von 560 Metern. Dieser bietet, u.a. an mehreren Terassenaufweitungen, bereits beim Aufstieg Panoramablicke über Hamburg. Der untere „Bergpfad“ erhielt eine partielle Begrünung mit versetzt angeordneten Cortenstahl-Pflanzmodulen und überlaufbaren Rasenwabenflächen. Der Weg nach oben zum Stadtgarten eignet sich sogar für sportliche Aktivitäten wie etwa Urban Trailrunning.

Partizipation und Umweltbildung
Über die gesamte Projektlaufzeit prägte die intensive Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative Hilldegarden e.V. die Planung. In gemeinsamen Workshops wurden Ideen diskutiert und entwickelt, der Verein veröffentlichte 2015 ein umfangreiches„Konzeptbuch“und sicherte sich Innen- und Außenflächen für die Stadtteilarbeit. In die Freianlagenplanung wurden auf Wunsch von Hilldegarden e.V. unter anderem ein „Zen-Garten“ mit Kiesbelag und Trittplatten, Aufstellflächen für Hochbeete, Sitzbereiche sowie ein Moosgarten mit Apfelbäumen und Findlingen integriert. Zudem wurden künstlerische Interventionen (z.B. mit Street Art gestaltete Bewässerungssäcke) operativ begleitet.

In Kooperation mit Zeitzeugen und einer nahegelegenen Schule wurden mehrere Krokus-Pflanzaktionen mit Kindern und Jugendlichen auf dem Bunker durchgeführt. Weiterführendes Ziel ist die längerfristige Beobachtung der Pflanzungen im Rahmen des Programms „Jugend forscht“.

Pflanzplanung
Die Bedingungen des Standorts sind herausfordernd: Frost, Hitze, Trockenheit und starker Windeinfluss. Gemäß städtischer Vorgaben wurde ein Großteil der Begrünung mit immergrünen Gehölzen realisiert, ergänzt durch Laubgehölze und Stauden. Insgesamt kamen rund 4.700 Gehölze und 16.000 Stauden zum Einsatz. Hauptakteure: Pinus mugo, Pinus Sylvestris ‚Watereri‘, Amelanchier lamarckii, Acer campestre, Prunus lusitanica ‚Angustifolia‘, Eleagnus ebbingei. In Teilbereichen finden sich zudem alte, lokale Apfelbaumsorten und diverse weitere essbare Arten. Die Bepflanzung orientiert sich an der natürlichen Vegetation mit ihrer Staffelung im Bewuchs. Dabei bilden jeweils bodendeckende Stauden, Hecken, Bäume und Großsträucher, Kletterpflanzen und überhängende Gehölze eine etagenübergreifende gärtnerische Einheit. Für die Fensteröffnungen wurden verschiedene Bepflanzungsvarianten entwickelt, die sich in einem definierten Rhythmus abwechseln.

Als ästhetisches Vorbild der Pflanzplanung standen die sogenannten „Lost Places“ Pate, bei denen sich die Natur von Menschen verlassene Räume zurückerobert und eine neue „Wildnis“ ausbildet. Die Vegetation spiegelt somit den Charakter der als wild und ungezämt geltenden, angrenzenden Stadtteile wider. Darüber hinaus gefiel die Assoziation des Bauwerks, das nicht mehr für Kriegszwecke gebraucht wird, sondern sich mit der stetig dichter werdenden, grünen Einfriedung immer mehr zum Hoffnungssymbol wandelt.

Besonderes Augenmerk bei der Gehölzauswahl lag auf Arten, die im nordeuropäischen und alpinen Raum heimisch sind und den extremen Bedingungen auf dem Bunker standhalten. Für eine nachhaltige Entwicklung sorgt die Pflanzung in mehreren Generationen: den älteren Gehölzen stehen Junggehölze zur Seite. Dies sorgt für eine langfristige Stabilität der Begrünung und verkraftet bei Ausfall die Entnahme einzelner Exemplare, ohne das Gesamtbild zu beeinträchtigen. Eine enge Verzahnung und Verformung der meist mehrstämmigen Gehölze unter Windeinfluss (Windflüchter) ist erwünscht und im mehrjährigen Pflegekonzept verankert.

Regenwassermanagement/Schwammstadt
Wesentlicher Teil der Planung war der ressourcenschonende Umgang mit Niederschlägen. Im Systemaufbau von bis zu 100 cm Höhe (Unter- und Intensivsubstrat, Retentionsboxen mit ständigem Anstau) verbleibt der Großteil auf den Dachflächen. Im Bereich der Liegewiese wurde aufgrund darunter liegender technischer Aufbauten mit Anstauschwellen gearbeitet. Überschüssiger Niederschlag der Dachflächen gelangt über gedrosselte Abläufe kaskadisch in eine unterirdische Zisterne (Fassungsvermögen 500 m3). Von dort wird es für die Bewässerung wiederverwendet.

Auf dem sog. „Bunkerkragen“ kam zudem „Smart Flow Control“-Abflussregulierung zum Einsatz. Diese entleert in Abhängigkeit von Wettervorhersagen automatisch die Retentionsboxen zur Erzielung minimaler Abflussmengen bei gleichzeitig maximalem Überflutungsschutz.

Die Bewässerung erfolgt temperatursensitiv, automatisch und ganzjährig über Tropfleitungen und gezielte Wurzelbewässerung mittels Bubbler (Großgehölze). Der in den Retentionsboxen gespeicherte Niederschlag wird der Vegetation über Kapillardochte wieder zur Verfügung gestellt.

Forschung für zukünftige Vorhaben
Der Bunker St. Pauli wird im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojektes der TU Berlin / Fachbereich Gebäudetechnik + Entwerfen hinsichtlich der Wirkung der Begrünung auf den Gebäudebetrieb evaluiert. Die Integration der Forschungsmesstechnik wurde planerisch mitbehandelt. Erhoben werden unter anderem Daten zu Niederschlagsmengen, Temperatur, Luftfeuchte, Windgeschwindigeiten, Globalstrahlung, Verdunstung, Gebäudetechnik und Energiekosten. Ziel ist die Ableitung von Planungsempfehlungen für andere Bauvorhaben. Das wissenschaftliche Projekt wird gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

So dient der Bunker St. Pauli als Modellprojekt für die Umsetzung von Begrünungsmaßnahmen als Teil der urbanen Klimaanpassung und regt zur Debatte über die Umnutzung historischer Bestandsarchitekturen an.

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Planungsbüros

L+ Landschaftsarchitektur
Hamburg

Mitarbeiter
Paula Monedero, Mareile Bleßmann, Julian Benesch

Weitere Planungsbeteiligte
Phase 10 Ingenieur- und Planungsgesellschaft mbH, WETZEL & von SEHT, IPP Unternehmensgruppe, Pflanzplanung: Mark Krieger, Ingrid Gock, Bewässerungsplanung: Grahm Beregnungs- und Fogtechnik

am Bau beteiligte Firmen
Baumschule: Lorenz von Ehren GmbH & Co. KG, Garten- und Landschaftsbau: Klaus Hildebrandt AG, Begrünungssystem: Optigrün international AG

Projektzeitraum
2015 - 2024

Größe
11.120 qm horizontale Fläche, 3.210 qm vertikale Fläche

Bausumme
4.000.000 €

Auftraggeber
EHP Erste Hanseatische Projektmanagement GmbH

Adresse
Feldstraße 66
20359 Hamburg

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Auszeichungen & Preise
Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis 2025
Auszeichnung Pflanzenverwendung

Projekttyp
Parkanlagen und Grünflächen
Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünungen