Landschaftsgarten Schwetzingen, Aboretrum © Troll
Landschaftsgarten Schwetzingen © Troll
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Landschaftsgarten Schwetzingen © Troll
Landschaftsgarten Schwetzingen © Troll
Die einstige Sommerresidenz der Kurfürsten von der Pfalz, Kulisse glanzvoller höfischer Feste und Vergnügungen in der Regierungszeit Carl Theodors (1742-1799), vermittelt heute noch einen reizvollen Eindruck vom höfischen Leben des 18. Jahrhunderts. Während der Herrschaft der Großherzöge von Baden im 19. Jahrhundert erlebte die Anlage einen zweiten Höhepunkt. In dieser Zeit entstanden elegante Appartements im klassizistischen Stil. Der berühmte Schwetzinger Schlossgarten ist ein Kulturdenkmal von Weltrang, der in einzigartiger Weise die Zentralkomposition als Grundschema der barocken Gartenanlage mit dem „natürlichen” Landschaftsbild des englischen Gartens verbindet und erlebbar macht. Die zahlreiche Bauten und Besonderheiten wie das Rokokotheater, das Badhaus, die Moschee, die Wasserspiele und die künstlichen Ruinen sowie die geometrisch genau geformten Alleen und die weiten Wiesenflächen lassen den Besucher beim Rundgang durch den Garten immer wieder in eine andere Welt eintauchen. Schloss- und Schlossgarten Schwetzingen sind, als Gesamtkunstwerk im Sinne des Barock, ein Kulturdenkmal von Weltrang.
Den Kern des heutigen Schwetzinger Schlosses bildet eine mittelalterliche Wasserburg, die 1427 in den Besitz der Pfalzgrafen bei Rhein gelangt. Kurfürst Johann Wilhelm lässt die Anlage nach Kriegszerstörungen zwischen 1698 und 1717 zur barocken Dreiflügelanlage erweitern. Kurfürst Carl Philipp verlegt schließlich 1720 die kurpfälzische Hauptresidenz von Heidelberg nach Mannheim. Schwetzingen wird als Jagd- und Sommerresidenz ausgebaut. Unter dem Kurfürstenpaar Carl Theodor (1724-1799; reg. ab 1742) und Elisabeth Auguste (1721-1794) erlebt Schwetzingen sein Goldenes Zeitalter. Bis zu seinem Umzug nach München 1778 hält sich der Hofstaat im Sommer regelmäßig für mehrere Monate in Schwetzingen auf.
Neben Mannheim gilt Schwetzingen als pfälzischer „Musenhof“ und ist Experimentierfeld für Künstler und Wissenschaftler gleichermaßen. Europäische Bedeutung erlangt Schwetzingen durch die Förderung von Musik und Theater. Voltaire (1753), Leopold Mozart und seine Kinder Wolfgang und Nannerl (1763) sowie Casanova (1767) erliegen seiner Anziehungskraft.
Schwetzingen wird planmäßig ausgebaut und erhält 1759 das Marktrecht verliehen – ein Hinweis auf die zunehmende Bedeutung als Sommerresidenz. Den Ausbau der Anlage übernimmt ab 1749 der Lothringer Architekt Nicolas de Pigage (1723-1796), der mit dem Rokokotheater sein erstes Meisterwerk im Schlossgarten errichtet. 1761 wird er zusätzlich zum Gartenbaudirektor ernannt.
Der Gartenarchitekt Johann Ludwig Petri (1714-1794) liefert 1753 den Ausführungsplan zu dem kreisrunden Gartenparterre, gerahmt von den Zirkelgebäuden und den Laubengängen sowie später mit Arionbrunnen in der Mitte. Die geplante reiche Ausstattung des Schlossgartens wird 1761 mit der neuen Orangerie fortgesetzt, im folgenden Jahr entstehen Apollotempel und Naturtheater.
1768 beginnt Pigage mit dem Bau des abseits im Garten gelegenen Badhauses. Dieser Rückzugsort für den Kurfürsten demonstriert – mit großem Aufwand – „Bescheidenheit“ und verweist damit auf die aufklärerische Gesinnung Carl Theodors. Ab 1771 versorgt ein wasserkraftgetriebenes Pumpwerk mit Hochspeicher, das sogenannte Obere Wasserwerk, den östlichen Gartenteil und die Wasserspiele, 1774 kommt das Untere Wasserwerk hinzu.
1776 fährt Pigage nach England und trifft dort Friedrich Ludwig von Sckell (1750-1823), der im Auftrag Carl Theodors mehrere Jahre die englischen Landschaftsgärten studiert hatte. Schon im folgenden Jahr legen die beiden in Schwetzingen das „Arborium Theodoricum“ („Wiesentälchen“) an, den ersten Landschaftsgarten Süddeutschlands. 1778 siedelt Kurfürst Carl Theodor nach München über und nimmt die meisten Künstler mit. Pigage und Sckell bleiben in Schwetzingen, um die Gartenanlage zu vollenden und zu pflegen. Zu den Höhepunkten zählen die 1795 weitgehend vollendete Gartenmoschee und der zwischen 1784 und 1792 auf einem künstlichen Hügel errichtete Merkurtempel.
Anfang des 19. Jahrhunderts fällt die rechtsrheinische Kurpfalz an das Haus Baden. Unter dem nun zuständigen Gartendirektor Johann Michael Zeyher (1770-1843) entsteht das Arboretum, ein Baumlehrgarten. Das große Bassin im Westen des Gartens wird im Sinne des englischen Landschaftsgartens umgestaltet und erhält die Form eines natürlichen Sees (1823-1824).
Der Garten ist bereits seit 1787 öffentlich zugänglich und wird in Christian Cay Lorenz Hirschfelds „Theorie der Gartenkunst“ (Leipzig 1779-1785) erstmals ausführlich besprochen.1809 erscheint der erste von Zeyher verfasste Gartenführer. Viele Schriftsteller gehen in ihren Werken auf den Garten ein, etwa Friedrich Schiller, Joseph von Eichendorff, Ivan Turgeniev oder Ernst Bloch. Es folgen weitere, unzählige Gartenführer, auch in englischer und französischer Sprache, die das große Interesse am Reiseziel Schwetzingen während des gesamten 19. Jahrhunderts belegen.
Schwetzingen übersteht sowohl die massiven gesellschaftlichen Umbrüche in der Zeit der Industrialisierung als auch die zwei großen Weltkriege ohne größere Schäden. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beginnen umfangreiche Erhaltungsmaßnahmen in Garten und Schloss. Die Bauten werden instand gesetzt, die Gartenskulpturen aus konservatorischen Gründen durch Kopien ersetzt und die Originale im südlichen Zirkel als Lapidarium ausgestellt, das Schloss wird renoviert, die Innenräume werden rekonstruierend wiedereingerichtet. Der Garten wird ab 1970 behutsam regeneriert. Seit 1952 greifen die „Schwetzinger Festspiele“ die Tradition der Sommerresidenz als Musenhof jährlich für zwei Monate auf.
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Projektzeitraum
1698
- 1717
Auftraggeber
Kurfürst Johann Wilhelm
Adresse
Schloss Mittelbau
68723 Schwetzingen
Deutschland
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Projekttyp
Parkanlagen und Grünflächen