Der Entwurf Peter Joseph Lennés von 1862 © Stadtmuseum/Rhein. Bildarchiv, Köln
Das Französische Parterre mit einem der Tortenbeete © 2013 Gerd Bermbach
„Eispflanzen“ und Blattpflanzen als typische Bepflanzung der Tortenbeete © 2013 Gerd Bermbach
Die Kaskade als Zitat des Stils der italienischen Renaissance © 2013 Gerd Bermbach
Der Flora-Weiher mit Neptun in den Englischen Partien © 2013 Gerd Bermbach
Das Französische Parterre als prachtvoller „Teppich“ vor dem 2014 neu eröffneten Festhaus © 2014 Gerd Bermbach
Das Französische Parterre im Sommerflor © 2013 Bermbach
FLORA - Botanischer Garten Köln © 2013 Bermbach
Der Frauen-Rosenhof von Joseph M. Olbrich mit dem Roten Garten © 2005 Bermbach
Murillo-Tulpen im Französischen Parterre © 2013 Bermbach
Das Französische Parterre, Experimentalpflanzung im Frühjahr 2013 © 2013 Bermbach
Die FLORA wurde von wohlhabenden Kölner Bürgern 1862-64 nach Plänen Peter Joseph Lennés als „Botanischer Zier- und Lustgarten“ geschaffen. Lennés Absicht war, die "Geschichte der Gartenkunst in den verschiedenen Stylarten zur lebendigen Anschauung zu bringen". Das historistische Ensemble mit Stilzitaten des französischen Barock, der italienischen Renaissance und des Englischen Landschaftsgartens gehört zu den bedeutendsten Gärten dieser Stilepoche in Deutschland. 1914 entstand nebenan der Botanische Garten der Stadt Köln, der 1920 mit der FLORA vereint wurde. Heute werden in den beiden Gartenteilen 10.000 Pflanzenarten kultiviert.
Im Rahmen der denkmalpflegerischen Zielplanung wurde der Lenné'sche Teil in den 1980er Jahren restauriert und strahlt heute wieder die opulente Pracht des 19. Jahrhunderts aus. In den darauffolgenden 20 Jahren folgten die Wiederinstandsetzung des Roten Gartens von Joseph Maria Olbrich am Frauen-Rosenhof, die Weihersanierung, die Schaffung eines Duftgartens und die dauerhafte Betreuung der FLORA in Hinblick auf die Gartendenkmalpflege.
„Das Ganze scheint mir ein Garten im modernen Styl zu sein, denn das Ziel eines vernünftigen künstlerischen Strebens kann nur sein, die eigenthümlichen Schönheiten der verschiedenen Stylrichtungen zu benutzen und bei hinlänglichem Raum zu einem schönen Ganzen zu verschmelzen."
So schreibt der Gartenkunstkritiker Hermann Jäger 1864 über den Entwurf der von „Herrn General-Gartendirector Lenné in bekannter genialer Weise entworfen wurde.“ Der Garten ist mit der Darstellung der verschiedenen Gartenstile ein Musterbeispiel für die Gartenkunst des Historismus. Im Folgenden soll schwerpunktmäßig auf die Pflanzenverwendung eingegangen werden.
Die Aktiengesellschaft
Als 1857 der alte Botanische Garten am Dom dem Bau des Hauptbahnhofs zum Opfer fällt gründen wohlhabende Kölner Bürger 1862 die „Actien-Gesellschaft zur Anlage eines botanischen Zier- und Lustgartens“. Mittelpunkt des Gartens ist der Glaspalast, der als Festhaus jahrzehntelang Zentrum der gesellschaftlichen Ereignisse der Hautevolee Kölns werden wird.
Peter Joseph Lenné stellt seine Erfahrungen, die er in der Gartengestaltung „in einer langjährigen Thätigkeit in bevorzugter Stellung gemacht hat, zur Disposition" und legt 1862 seinen Entwurf vor. (s. Abb. 1)
Der Glaspalast
Als Dreh- und Angelpunkt liegt der Glaspalast im Zentrum des Gartens. Das Bauwerk ist ein für damalige Verhältnisse kolossales, hochmodernes Gebäude , das dem von Joseph Paxton geplanten Crystal Palace in London nachempfunden ist. Mit seiner historisierenden, schlossartigen Fassade bildet der Glaspalst das Zentrum eines Achsenkreuzes, mit dem Lenné eine straffe Gliederung des Geländes und als Kunstgriff eine Hierarchie der Gartenräume herbeiführt.
Das Französische Parterre
Mit einer Fontäne als Mittelpunkt erstreckt sich das Französische Parterre als prachtvollster Teil des Gartens zwischen Haupteingang und Glaspalast. Eine Allee, die auf die Schmalseiten des Wintergartens zuläuft, ist abwechselnd mit rotblühenden Kastanien (Aesculus x carnea) und Ulmen (Ulmus glabra und Ulmus americana) bepflanzt. Das Parterre ist dem Barockstil Ludwigs XIV nachempfunden, aber im Sinne des Historismus neu interpretiert. Im Gegensatz zum Barock mit seinen, auf farbigem mineralischem Untergrund liegenden, filigranen Buchsbaum-Ornamenten sieht Lenné in Rasen gebettete „leuchtende Blumen" vor. (s. Foto 2)
Die Linien der Einzelornamente werden mit sich farblich abhebenden, bunt- und silberlaubigen Einfassungspflanzen, wie Greiskraut (Senecio bicolor), mehreren Arten Strohblumen (Helichrysum), Papageienblatt (Alternanthera) u. ä. betont. Ihren Anfangs- und Endpunkt findet die mittige Rasenachse in je einem für das 19. Jahrhundert typischen kegelförmig erhöhten „Tortenbeet“. Ihre Stern- und Blütenornamente sind Phantasieschöpfungen des Historismus. Sie werden mit sogenannten Eispflanzen (Sukkulenten) und mit verschiedenfarbigen Blatt- und Blütenpflanzen in zahlreichen niedrig bleibenden Arten und Sorten bepflanzt. Zur Verwendung kommen z. B. Echeverien (Echeveria), Steinbrech (Saxifraga) oder Mauerpfeffer (Sedum) sowie Papageienblatt (Alternanthera), Iresine (Iresine i. A.), Thymian (Thymus i. A), Zigarettenblümchen (Cuphea ignea), „Stacheldraht“ (Calocephalus brownii), Gazanien (Gazania), Männertreu (Lobelia) usw. Krönung der Tortenbeete sind ausladende Exoten wie Palmen, Agaven oder Bananen. (s. Foto 3)
Rahmendes und verbindendes Element zwischen Torten- und Teppichbeeten ist eine bandförmige Rabatte, die in Anlehnung an barocke Terminologie als Platebande bezeichnet wird. Blumengeschmückten Eisengussvasen und hochstämmige Lantanen, Fuchsien, Efeu-Pelargonien oder Rosen mit Festons (Blumengirlanden), die u. a. aus buntlaubigem Efeu (Hedera helix i. S.), Schwarzäugiger Susanne (Thunbergia alata), Haarweibchen (Melothria scabra) oder kleinblütigen Arten der Kapuzinerkresse (Tropaeolum peregrinum, Tropaeolum tricolor) gebildet sind, fassen das Parterre ein.
Die Kaskade
Als weiteres historistisches Element findet sich in der südlichen Querachse ein an toskanische Villengärten der Renaissance erinnernder Bereich (s. Foto 4).
Den Anfangspunkt der langgestreckt-ansteigenden Achse markiert ein figürlicher Terrassenbrunnen. Vom Terrassenvorplatz steigt die Kaskade in fünf Stufen an. Erstaunlicherweise ist als punktuelle Bepflanzung Pampasgras (Cortaderia selloana) nachgewiesen. Leise plätschernd fällt das Wasser in dünnen Schleiern über die Stufen hinab. Die seitlich anschließenden Wege erlauben es, sich entweder in voller Sonne am Spiel von Licht und Wasser zu erfreuen oder im erholsamen Schatten durch Hainbuchen-Laubengänge zu flanieren. Point-de-vue ist am Endpunkt der Kaskade der weiße Flora-Tempel, der die für den ganzen Garten namengebende Göttin Flora beherbergt.
Die Englischen Partien
Das Achsenkreuz mit den formalen Gartenstilen liegt eingebettet in Partien im Stil des Englischen Landschaftsgartens mit weiten Rasenflächen, malerischen Baumgruppen und elegant geschwungenen Wegen als ‚stumme Führer‘. Im westlichen Teil liegt der Flora-Weiher, der in Lennés Entwurf als „Goldfischteich für Wasserpflanzen" bezeichnet wird (s. Foto 5).
Gemäß dem Auftrag, auch der Botanik zu dienen, sind im „Park im englischen Landschaftsstyl … eine ziemliche Anzahl schöner, seltener Gehölze und … Coniferen“ angeordnet, wobei besonderer Wert auf Gehölze mit interessanter Blattfärbung und –form, mit schönem Fruchtbehang sowie reichblühende Bäume und Sträucher gelegt wird. Platanen, Rot- und Blutbuchen, Hainbuchen, Eichen, Linden und Ulmen bilden das Gerüst des Bestands. Die Rosskastanie (Aesculus) ist in den mehreren Arten nachgewiesen. In dem am Teich gelegenen Parkteil dominieren Bäume und Sträucher, die ihren natürlichen Standort in Gewässernähe haben: Ahorne, Eschen, sowie natürlich Trauerweiden. Dieser Grundbestand wird ergänzt durch Exoten, wie Geweihbäume (Gymnocladus dioicus), Kaukasische Flügelnuss (Pterocarya fraxinifolia), Gelbholz (Cladrastis lutea), Trompetenbaum (Catalpa bignonioides u. a.), Blauglockenbaum (Paulownia tomentosa), dem symbolträchtigen Ginkgo biloba sowie einem der ersten nach Europa gebrachten Mammutbäume (Sequoiadendron giganteum). Nadelbäume in reicher Artenauswahl werden vor allem in den Randbereichen verwendet, um vor dunklem Hintergrund blühende Sträucher wie das reichhaltige Magnoliensortiment, Flieder, Zierkirschen und -äpfel uvm. zur Geltung zu bringen. Die gleiche gestalterische Absicht liegt auch der Hinterpflanzung des Flora-Tempels mit Tannen und Fichten zugrunde oder dem Birkenhain, dessen „helle Stämme sich vom dunklen Hintergrund“ abheben.
Der Botanische Garten
Auf Jahrzehnte der wirtschaftlichen Blüte folgt ab etwa 1890 der Niedergang der Aktiengesellschaft. Nach deren Insolvenz übernimmt die Stadt Köln 1921 die Flora mit ihren Gewächshäusern. Sie wird mit dem 1914 an ihrer Nordseite eröffneten städtischen Botanischen Garten zum wissenschaftlich orientierten Botanischen Garten der neuen Kölner Universität vereinigt.
Die Flora heute
Im 2. Weltkrieg werden Garten, Glaspalast und Gewächshäuser zerstört. Letztere werden Anfang der 1950-er Jahren in zeitgemäßer Form neu gebaut. In den 1970-er Jahren besteht nach langjähriger Vernachlässigung für die Flora die Gefahr, ihre Schönheit und historische Authentizität gänzlich zu verlieren und parzelliert als Bauland verkauft zu werden. Es kommt jedoch zu rechtzeitigem Umdenken: Zum 125-jährigen Jubiläum im Jahre 1988 wird die gartendenkmalpflegerische Zielplanung mit der Restaurierung von Französischem Parterre, Terrassenmauer, Kaskade und dem gesamten Wegenetz umgesetzt. Es gelingt die Handschrift Peter Joseph Lennés und die Pracht und Schönheit des Gartens wieder ablesbar zu machen.
Am 14. August 2014 jährt sich zum 150. Mal die Einweihung der Kölner Flora. Krönung des Jubiläums ist, dass der im Krieg zerstörte ehemalige Glaspalast sein Tonnendach zurück erhält und als Festhaus wieder eröffnet wird (s. Foto 6) Die Wiederherstellung der ursprünglichen Maßstäblichkeit zwischen Gebäude und Garten ist auch für die visuelle Wahrnehmung des Parks ein großer Gewinn. Schließlich verabschiedet der Rat der Stadt Köln im Juni 2015 den Neubau der Schaugewächshäuser als Ersatz für die abbruchreifen Nachkriegsbauten. Bis 2019 wird eine moderne Schaugewächshausgruppe auf neuestem technischen Stand entstehen. Heute werden im Freiland und in den Schaugewächshäusern fast 12.000 Pflanzenarten aus allen Vegetationszonen kultiviert. Die opulente Flora ist, damals wie heute, ein „Schlosspark-Ersatz“, der mit etwa 1,2 Mio. Besuchern pro Jahr in der Wertschätzung und Beliebtheit weit vor anderen Grünanlagen Kölns liegt.
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Planungsbüros
Gerd Bermbach
Nümbrecht
Mitarbeiter
Hans-Joachim Marx (Bauingenieur BDB)
Projektzeitraum
1984
- 2014
Größe
11,5 ha
Auftraggeber
Stadt Köln
Amt für Landschaftspflege und Grünflächen
Adresse
Alter Stammheimer Weg
50735 Köln
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Projekttyp
Parkanlagen und Grünflächen
Gartendenkmalpflegerische Zielplanung, Parkpflegewerke
Sanierung von (historischen) Freianlagen