Erhalt der offenen Auenlandschaft © Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten
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Flachwasserbereiche und Kiesbänke © Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten
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Wiederanlage von Mäandern – Schaffung von Übergängen aus Steinblöcken © Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten
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Weg aus Holzbohlen © Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten
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Unterschiedliche Wiesenaspekte durch unterschiedliche Pflegeintensität © Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten
Der Markt Gaimersheim ist gekennzeichnet durch die Retzbachniederung, die sich in West-Ost-Richtung am Rand des Ortskerns durch die Gemeinde zieht. Der Retzbachpark ist Teil dieses innerörtlichen Grünzuges, der bis vor kurzem noch intensiv landwirtschaftlich genutzt wurde. Besonders im Frühjahr kam es immer wieder zu starken Hochwasserereignissen.
Ausgangslage / Anlass
2005 wurde im Markt Gaimersheim eine Umfrage zur Lebensqualität im Gemeindegebiet durchgeführt. Als mangelhaft wurde dabei der Zustand des Retzbaches sowie der Naherholung in Gaimersheim eingestuft. Diese Defizite aufgreifend sowie aufgrund der Notwendigkeit eines Hochwasserschutzkonzeptes wurde im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie von der Marktgemeinde Gaimersheim im Dezember 2005 die Erstellung eines Gewässerentwicklungsplanes für den Retzbach in Auftrag gegeben.
Ansätze
Ziel des Gewässerentwicklungsplanes ist es die Möglichkeiten einer
- naturnahen Entwicklung der Gewässer und ihrer Auen aufzuzeigen und so unter anderem einen Beitrag zum vorbeugenden Hochwasserschutz zu leisten.
Gleichzeitig diente der Gewässerentwicklungsplan als
- Grundlage für die Entwicklung eines Konzeptes zur Verbesserung der Naherholung. Die besondere Lage mitten im Ort sollte genutzt werden um einen Park anzulegen.
Die zweite übergeordnete Planungsgrundlage war der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan. Bereits 1996 bei der 3. Änderung des FNP forderte die Regierung von Oberbayern die Erstaufstellung eines Landschaftsplanes. Dort wurde als Maßgaben folgendes festgeschrieben:
- die Offenhaltung des innerörtlichen Bereiches der Retzbachniederung
- die Entwicklung eines eigenen Konzeptes mit Schwerpunkt Landschaftsbild / Erholung
- das Freihalten der Retzbach- und der Augrabenniederung von jeglicher Bebauung, keine flächigen Bepflanzungen; Anlegen von Gehölzstrukturen nur in Form von bachbegleitenden Säumen aus Arten der Weichholzaue
Strategien
Frühzeitiger Ankauf von gewässernahen Grundstücken
- Bereits mit Verabschiedung des Gewässerentwicklungsplanes Ende 2006 konnte die Gemeinde durch Flächentausch oder Flächenkauf ungefähr die Hälfte des benötigten Grunderwerbs tätigen.
Frühzeitige Einbeziehung der Bevölkerung und der Behörden
- mehrere öffentliche Gemeinderatssitzungen
- Abstimmung der Planung mit den betroffenen Wasserverbänden und dem Wasserwirtschaftsamt
- Oktober 2010 Veranstaltung des Gewässernachbarschaftstag in Gaimersheim
- Juni 2011 öffentliche Informationsveranstaltung zum Thema Retzbachrenaturierung und Retzbachpark
- September 2012 Öffentliche Bürgerbeteiligung zum Park
- November 2012 zusätzliche Einbeziehung der direkten Parkanwohner
Umsetzung des Parks in Zusammenhang mit der Renaturierung des Baches
Dadurch war eine sowohl zeitlich als auch wirtschaftlich eine optimal Abwicklung möglich. Die zur Verfügung gestellten Zuwendungsmittel konnten effektiv eingesetzt werden.
Der Retzbachpark wurde in der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes mit integriertem Landschaftsplan von 2013 als öffentliche Parkanlage ausgewiesen.
Für die übrigen Bereiche werden die Ziele des bestehenden Landschaftsplanes für die Niederung aufrechterhalten.
Entlang des Ortsrandes wurden eher intensiver gestaltete Bereiche geschaffen mit Angeboten für den Aufenthalt und zum Spiel. Bei den tiefer liegenden Bereichen entlang des Baches stand die naturnahe Gestaltung im Vordergrund. Ein neues, verzweigtes Wegesystem wurde angelegt, das von der Siedlung über den Park entlang des Baches in die freie Landschaft führt.
(Gesamtgröße Park: 25.500m² ; renaturierte Bachlänge: 550m)
Aufenthaltsbereiche und Wege in unterschiedlicher Ausformung und Höhe bestimmen den Park. Mit naturnahen Materialien (Holz, Dolomitblöcke und Kies) wurden verschiedene Sitzmöglichkeiten gebaut. Insgesamt soll das Spielen in und der Kontakt mit der Natur im Vordergrund stehen.
Durch die Schaffung von Aufenthaltsbereichen am Wasser wird die Wahrnehmung und Erlebbarkeit der Niederung und des Baches erheblich verbessert, die vorhandenden charakteristischen Eigenheiten dieses Landschaftsraumes werden wieder ins Bewusstsein gerückt.
Durch Bodenabtrag zur Ausbildung von Mulden wird Retentionsraum geschaffen.
Gleichzeitig werden Erhöhungen als gestalterisches Mittel eingesetzt um verschiedene Blickwinkel und Eindrücke auf das Wasser und den Park zu erhalten.
Juryurteil: Markt Gaimersheim hat es verstanden auf den unterschiedlichen Planungsebenen mit konsequenter Strategie auf das hochgesteckte Ziel der Gewässerrenaturierung unter Entwicklung eines differenzierten Naherholungsraums entlang des Baches hin zu arbeiten bis zur tatsächlichen Umsetzung.
Unter intensiver Bürgerbeteiligung entstand in mitten des Orts der neue Retzbachpark, der den Bewohnern Naturerlebnis und Naherholung von hoher Gestaltqualität bietet, ihm gleichzeitig eine neue Identität verleiht. Diese Aufgabe, der sich in Zukunft viele Gemeinden stellen müssen, hat die relativ kleine Gemeinde Gaimersheim beispielgebend gelöst. Aufgrund klarer Zonierung von intensiverer Nutzung am Ortsrand zum naturnah gestalteten Ufer des Gewässers bietet der Park gut gestaffelte Erholungs- und Erlebnisräume.
Mit geringem Mitteleinsatz, jedoch mit ästhetischer Präzision werden die Gestaltungselemente des Parks in klarer Formensprache entwickelt und gekonnt gesetzt.
Die Jury würdigt den Retzbachpark und seinen Planungsprozess als Beispiel für die gelungene integrative Renaturierung eines Gewässers nach der EU Wasserrahmenrichtlinie, die berechtigte Nutzungsansprüche der Bewohnerinnen und Bewohner in der Entwicklung einen präzis gestalteten Naherholungsraum berücksichtigt.
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Planungsbüros
Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten GmbH
Ingolstadt
Mitarbeiter
Anita Fesseler, Franziska Steinberger
Weitere Planer
Kargl Geotechnik Ingenieur GmbH & Co.KG, Regensburg
Tiefbau
Stratebau GmbH, Regensburg
GalaBau
Rudolf Schrader GmbH, Ingolstadt
Projektzeitraum
2012
- 2013
Bausumme
620.000 €
Auftraggeber
Markt Gaimersheim
Adresse
85080 Gaimersheim
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Auszeichungen & Preise
Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis 2015
Würdigung