Die Bunkerbaustelle war das zweitgrößte Außenlager des KZ Dachau - Sie forderte gegen Ende des II. Weltkrieges mehr als 5.000 Menschenleben. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Jedem der drei Gedenkorte ist der gleiche introvertierte "Informationsraum" vorgeschaltet. Erst nach dieser Vorbereitung entlässt die aus zwei u-förmigen Betonelementen bestehende "Schleuse" den Besucher auf die neue Ebene, den eigentlichen Gedenkort. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
"Narrative Wege" nehmen Rücksicht auf Vorhandenes, variieren in der Breite, passen sich an, erschließen verstreute Relikte, um Erinnern zu ermöglichen. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Sie beginnen, noch mit weicher Oberfläche, an der Forststraße und führen nach der „Schleuse“ als leicht über dem Waldboden erhabene „Narrative Wege“ aus maßgefertigten Betonteilen zum Gedenkort. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Der "Gedenkort Massengrab" umfasst zwei der wenigen noch ablesbaren Massengräber. Eine Lichtung aus gekappten Bäumen entzaubert den Ort, konfrontiert den Besucher mit einem unerwarteten schockierenden Bild. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Der "Gedenkort Massengrab" - Die 1,70 hohen Baumstümpfe stehen stellvertretend für die Opfer und den Wahnsinn eines verbrecherischen Systems. © 2018 LATZ+PARTNER
Die "Informationsräume" sind bewusst nach außen abgeschirmt - introvertiert, um die Aufmerksamkeit des Betrachters zu konzentrieren. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Der "Gedenkort Waldlager VI" - Weiße Markierungen auf den Stämmen lassen den heute überwachsenen Appellplatz sichtbar werden. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
"Erinnerungsbänder" aus Stahl - Sie erinnern mit Zitaten von Zeitzeugen an historisch wichtige Punkte und Ereignisse. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
"Erinnerungssteine" stehen an historisch und räumlich relevanten Stellen. Die Begegnung wirkt zufällig und bewirkt doch eine zunehmende Sensibilisierung für die leidvolle Geschichte des Ortes und seiner Zusammenhänge. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Die Einzelbestandteile des ehemaligen Netzes aus Produktions- und Lagerstätten, Baubaracken, Häftlingslagern und Gräbern sind nur noch teilweise erhalten, deren Zusammenhang aber unentbehrlich für das Verstehen dieses Ortes. © 2012 LATZ+PARTNER
Der "Gedenkort Rüstungsbunker" ist noch nicht ausgeführt. Der nach der Sprengung stehengebliebene siebte Bunkerbogen ist das markanteste Relikt im Mühldorfer Hart. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Ein Stahlsteg soll nach Fertigstellung auch dieses Gedenkortes einen Überblick über die Dimensionen des Trümmerfeldes geben: ehemals zentraler Ort des geplanten Rüstungswerks und Anlass für Zwangsarbeit und und Massensterben. © 2018 Nikolai Benner LATZ+PARTNER
Die Bunkerbaustelle in dem Waldstück nahe der oberbayerischen Kleinstadt Mühldorf war das zweitgrößte Außenlager des KZ Dachau und forderte gegen Ende des II. Weltkrieges mehr als 5000 Menschenleben. Drei Gedenkorte, „Waldlager“, Massengrab“ und „Rüstungsbunker“ sollen stellvertretend für ein komplexes System aus Luft- und Schienenverkehr, Produktions- und Lagerstätten, Baubaracken, Häftlingslagern und Gräbern an Zwangsarbeit, Überleben und Tod der Häftlinge erinnern.
Von den Alliierten gesprengt und vom Wald zurückerobert, sind die Reste dieser Vergangenheit ohne zusätzliche Information unverständlich. Durch die Überlagerung des Vorhandenen mit einer neuen abstrakten Ebene wird an das Vergangene erinnert und Unerklärliches verständlich gemacht. Das eigentliche Verstehen erfolgt über die bewusste Wahrnehmung des Gesehenen, einfacher räumlicher Interventionen und auf das Wesentliche reduzierter Sachinformation. Dabei verdeutlicht die Wiederholung von Elementen und Informationen die Austauschbarkeit der Orte in Bezug auf ihren historischen Kontext.
Folgerichtig sind die neuen Elemente keine Rekonstruktionen. Es sind Medien mit höchstem Anspruch an Ausprägung und Material. Sie verwenden bewusst die charakteristischen Materialien der Bunkerbaustelle: Beton und, eher reduziert für textliche Darstellungen, Stahl. Alle drei Gedenkorte erzählen dieselbe Geschichte auf unterschiedliche Weise und sind Teil eines übergeordneten Netzes.
„Erinnerungssteine“ mit einer symbolischen Darstellung des Netzwerks Mühldorfer Hart stehen an historisch und räumlich relevanten Stellen. Die Begegnung wirkt zufällig und bewirkt doch eine zunehmende Sensibilisierung für die leidvolle Geschichte des Ortes und seiner Zusammenhänge.
Räumliche Interventionen wie Wege und Wegekreuze, Lichtungen und Schneisen helfen, die früheren Strukturen und Dimensionen zu erkennen. Jedem der drei Gedenkorte ist der gleiche introvertierte „Informationsraum“ vorgeschaltet, der mit Bildern und Texten über den gesamten Mühldorfer Hart und den Ort selbst informiert. Erst nach dieser Vorbereitung entlässt die aus zwei u-förmigen Betonelementen bestehende „Schleuse“ den Besucher auf die neue Ebene, den eigentlichen Gedenkort.
Die gebauten Wege sind Teil des Verständnisprozesses. Sie nehmen Rücksicht auf Vorhandenes, variieren in der Breite, passen sich an, erschließen verstreute Relikte, um Erinnern zu ermöglichen. Sie beginnen, noch mit weicher Oberfläche, an der Forststraße und führen nach der „Schleuse“ als leicht über dem Waldboden erhabene „Narrative Wege“ aus maßgefertigten Betonteilen zum Gedenkort. Seitlich montierte „Erinnerungsbänder“ aus Stahl erinnern mit Zitaten von Zeitzeugen an historisch wichtige Punkte und Ereignisse.
Der „Gedenkort Waldlager VI“ steht exemplarisch für mehrere Lager, in denen Häftlinge unter den unmenschlichsten Bedingungen leben mussten. Durch Entnahme von Bewuchs werden Hauptachsen und Grenzen wie auch die Erdhütten des Winterlagers sichtbar und vermitteln eine Ahnung von der großen Ausdehnung des Lagers. Erinnerungssteine markieren Wachtürme und Tore. Der Weg beginnt mit dem Informationsraum auf Höhe des alten Lagertors, verläuft zunächst auf der früheren Wegeachse, dann nach Süden abknickend zu den Erdhütten mit Latrine und nach Norden abknickend zum ehemaligen Appellplatz. Weiße Markierungen auf den Stämmen lassen den heute überwachsenen Appellplatz sichtbar werden.
Der „Gedenkort Massengrab“ umfasst zwei der wenigen noch ablesbaren Massengräber. Er liegt heute friedlich im Wald und steht doch für zahllose wahllos verscharrte Tote – eine Dimension, die kaum zu vermitteln ist. Eine Lichtung aus gekappten Bäumen entzaubert den Ort, konfrontiert den Besucher mit einem unerwarteten schockierenden Bild: Die 1,70 hohen Baumstümpfe stehen stellvertretend für die Opfer und den Wahnsinn eines verbrecherischen Systems.
Der „Gedenkort Rüstungsbunker“ ist noch nicht ausgeführt. Der nach der Sprengung stehengebliebene siebte Bunkerbogen ist das markanteste Relikt im Mühldorfer Hart. Ein auf den Resten des fünften Bogens aufgelagerter Stahlsteg soll nach Fertigstellung auch dieses Gedenkortes einen Überblick über die Dimensionen des Trümmerfeldes geben: ehemals zentraler Ort des geplanten Rüstungswerks und Anlass für Zwangsarbeit und Massensterben.
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Planungsbüros
LATZ+PARTNER
Kranzberg
Projektzeitraum
2012
- 2018
Größe
Gesamtfläche: 100 Hektar
Auftraggeber
Stiftung Bayerische Gedenkstätten über Staatliches Bauamt Rosenheim
Adresse
Maxlinie
84453 Waldkraiburg