Zu neuen Ufern © 2016 Leonard Grosch, Atelier LOIDL
Der Plan zeigt die städtebauliche Neuordnung und Renaturierung der Sieg. Die Trennung zwischen Ober- und Unterstadt wird durch die zusätzliche Fußgängerbrücke überwunden. Siegen bekommt wieder eine Stadtmitte am Fluss © 2009 Atelier LOIDL
Die Siegener Innenstadt mit „Siegplatte". © 2016 Herbert Bäumer Stadt Siegen
Die Siegener Innenstadt ohne „Siegplatte". © 2016 Herbert Bäumer Stadt Siegen
Die Stufenanlage ist zu jeder Tageszeit attraktiv: Silberweiden, rhythmisch eingelassen in massivem Douglasienholz, laden zum Entspannen am Wasser ein. Eingebaute LED Beleuchtung erhellen die Treppe bei Dunkelheit atmosphärisch © 2016 Leonard Grosch Atelier LOIDL
Der Kunstweg präsentiert sich nach der Sanierung der Ufermauer mit eingebauten Balkonen im neuen Gewand und bietet einen freien Blick auf das renaturierte fließende Gewässer © 2015 Katharina Benda Stadt Siegen
Die Brüder Busch Straße wird zur Promenade und bietet mehr Freiraum, wodurch das Quartier zusätzlich belebt wird. Die freigestellten Bestandsbäume mit Sitzbänken im Schatten integrieren sich selbstverständlich ins städtische Ufer © 2016 Archiv Stadt Siegen Stadt Siegen
Als zusätzliche Wegeverbindung in die Oberstadt kann die 12 m und knapp 28 m lange neue Oberstadtbrücke auch für Veranstaltungen genutzt werden. Aufgesetzte Glaselemente auf der Brückenbrüstung lassen den Blick frei über die Sieg schweifen © 2016 Katharina Benda Stadt Siegen
Die aufwendige Pflasterung aus Naturstein vor dem Kölner Tor fügt sich optimal in die altstädtische Bebauung ein © 2016 Leonard Grosch Atelier LOIDL
Die historische Kulisse der Kölner Straße dient als direkte Wegverbindung in die Oberstadt. Die räumliche Aufwertung entlang der sanierten Stadtmauer mit Bänken und Bäumen überwindet die Barriere zwischen den Stadtquartieren zusätzlich © 2016 Herbert Bäumer Stadt Siegen
Vogelperspektive © 2016 Leonard Grosch Atelier LOIDL
Über 30 Jahre verdeckte die ‘Siegplatte‘ als Großparkplatz den zentralen Bereich des Flußraumes in der Siegener Innenstadt und war somit zeichenhaft für die autogerechte Stadt der Nachkriegsmoderne.
Mit der Renaturierung des Flußlaufes, den 180 Meter langen neuen ‘Siegtreppen‘, mit der Neugestaltung weiterer Plätze, Promenaden und Brücken im direkten Umfeld der Sieg erhält Siegen seine Stadtmitte am Fluß zurück. Die klar ablesbaren und großzügigen Freiräume verbinden die vielseitigen Ansprüche der Bewohner auf städtisches Leben und ‘grüner‘ Erholung im direkten Kontakt mit dem Element Wasser.
Die renaturierte Sieg, mit ihren begrünten Inseln und Steinschüttungen am Ufer, erlaubt nun wieder die natürliche Durchgängigkeit für die aquatische und amphibische Fauna im Innenstadtbereich. Diese ökologische Wasserbaumaßnahme war von Beginn an auch mit dem Ziel verbunden, den Fluß für die Menschen erreichbar und erlebbar zu machen.
Die Treppenskulptur zur Sieg legt sich in einer Länge von 180 Metern stadtmaßstäblich an den Fluss und wird zur bespielbaren Bühne für den Dialog zwischen Stadt und Fluss. Mit Blick auf die jetzt wieder naturnahe Sieg werden die neuen Siegtreppen zu tribünenartigen Treffpunkten. Die südostexponierten Sitzstufen leiten in einer großzügigen Geste zum Wasser und laden zum Verweilen ein. Über barrierefreie Zugänge sind der flussnahe Uferweg und die unteren Aufenthaltsmöglichkeiten für alle erreichbar. Das typische Baumbild der unteren und oberen Sieg bildet mit frei gesetzten graugrünen Weiden einen Kontrast zur geometrischen Strenge der Treppenstufen. Die Weiden sind teilweise in die Treppen hineingesetzt, wobei rhythmisch platzierte monolithische Sitzbänke aus massiven Douglasienholz die Baumscheiben bilden. Atmosphärische Einbauleuchten in den Lauftreppen und Sitzstufen sorgen am Abend auf einfache aber wirkungsvolle Weise für die Inszenierung des Sieg-Erlebnisses.
Der gesamte innerstädtische Flussraum bildet in seiner Konzeption, Materialität (hochwertig, gesägter Naturstein) und Vegetation eine gestalterische Einheit und wird zum ‘Trittstein‘ zwischen Oberstadt und Unterstadt. Die vorhandene Brüder-Busch-Strasse wurde nach der Entfernung der Siegplatte und der Öffnung zum Wasser hin zur Promenade am Fluss. Vom Kunstweg aus schieben sich zwei auskragende Balkone mit gastronomischer Nutzung direkt über die Sieg und erweitern die recht schmale östliche Uferseite. Die platzartigen Ufersituationen am Maria-Rubens-Platz und am Scheinerplatz bieten ausreichende Flächen für größere städtische Events wie Konzerte, Public Viewing, Wochen- oder Weihnachtsmärkte.
Die neue Oberstadt-Brücke, mit den Bronzestatuen der siegerländer Symbolfiguren Henner und Frieder, bildet eine großzügige fussläufige Verbindung zum Kölner Tor aus. Abgeleitet aus den Vorbildern historischer Bogenbrücken, liegt das Tragwerk der Brücke unterhalb und ermöglicht ungehinderte Blickbeziehungen zwischen den Siegufern. Das Konzept der zurückhaltenden Brücke als dienende Klammer zwischen den Flußseiten wurde auch auf die Umgestaltungen der Bahnhofsbrücke und der Apollo-Brücke übertragen. Im Übergang zur Oberstadt wurde die Sandstraße auf zwei Spuren verschmälert. Mit ihren verbreiterten Gehwegen und einer doppelreihigen Allee ist sie nun ein grosszügiger Stadtboulevard, der an den neuen und alten Brücken direkt mit den Freiräumen an den Ufern der Sieg verbunden ist.
Die Raumkomposition der neuen Freiräume versteht sich in ihrer Offenheit als Kontrast zur innerstädtischen Dichte und schafft mit ihrer gestalterischen Prägnanz ein eigenständiges Gegenüber zur umgebenden Architektur. Die Sichtbeziehungen zwischen den wichtigen, stadtbildprägenden Gebäuden und den neuen Freiräumen werden durch klare Gliederungen gestärkt bzw. durch ‘Freiräumen‘ erst ermöglicht.
Juryurteil: Mit dem Projekt „Zu neuen Ufern“ erhält Siegen seine Stadtmitte am Fluss zurück. Plätze, Promenaden und Brücken an der Sieg werden neu gestaltet. Ein wichtiger Baustein in dieser städtischen Entwicklung sind die Siegtreppen: Dort, wo 30 Jahre lang die Verkehrsinfrastruktur eines Parkplatzes auf einer Betonplatte den Fluss überspannte und die Stadt von diesem abschnitt, wurde die Sieg ökologisch umgebaut. Zugleich entstand ein neuer öffentlicher Stadtraum. Hier treffen städtisches Leben und Erholung am Fluss aufeinander.
Durch die klare gestalterische Geste der großen Treppe und damit der Wieder-Hinwendung der Stadt zum Fluss wird das Projekt eine enorme Strahlkraft auf die „Reststadt“ entwickeln. Der renaturierte Flussabschnitt, der durch klare und geschickt eingesetzte gestalterische Mittel zum neuen Mittelpunkt für Siegen wurde, ist ein herausragendes Beispiel für die Strategie, mit grüner Infrastruktur den Stadtraum aufzuwerten und wichtige Impulse für die Stadtentwicklung zu setzen.
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Planungsbüros
Atelier Loidl
Berlin
Mitarbeiter
Dipl.-Ing. Leonard Grosch, Dipl.-Ing. Lorenz Kehl, Dipl.-Ing. Felix Schwarz, Dipl.-Ing. Norman Harzer, Dipl. Ing. Knut Hammesfahr, Dipl. Ing. Dorothee Krause
Dr. Bernhard Schäpertöns, BPR - Dr. Schäpertöns Consult GmbH & Co. KG
Dr. Frank Jungwirth, Thomas Lokatis
Weitere Planer
REINHART + PARTNER Architekten und Stadtplaner mbB
Fa. Heinrich Weber GmbH & Co. KG
Fritz Meyer Bauunternehmung
Pressbau Erfurt GmbH
Projektzeitraum
2010
- 2016
Bausumme
15,6 Mio. Euro
Auftraggeber
Stadt Siegen vertreten durch den Bürgermeister Stefan Mues
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Auszeichungen & Preise
Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis 2017
Auszeichnung Grüne Infrastruktur als Strategie