Glastafeln erinnern an die Geschehnisse in Mainkofen © 2015 Peter Litvai
Die zentrale Achse wird von 2 Lavendelbeeten flankiert © 2015 Peter Litvai
Das Mahnmal © 2015 Peter Litvai
Eine Solitärkiefer vor der Aussegnungshalle symbolisiert das ewige Leben © 2015 Peter Litvai
Die Toranlage wurde behutsam saniert © 2015 Tobias Nowak
Klare Grundstrukturen © 2016 Klaus Leidorf
Die ursprüngliche Grundstruktur der Friedhofsanlage wurde durch die Belagsausbildung wieder sichtbar: Hauptwege wurden als Kieswege, Nebenwege mit Schotterrasen ausgebildet. Die soweit vorhandene Vegetation auf den Grabfeldern wurde komplett entfernt und die Grabfelder selbst als Wiesenstreifen mit Narzissen im Frühjahr und Margeriten im Sommer angelegt. Der Viererblock aus Winterlinden am südlichen Zugang wurde wieder vervollständigt.
Neben den üblichen Faktoren, welche die Auswahl von Pflanzen generell beeinflussen, wie Standort (Boden, Kleinklima), Frosthärte, Wuchsgröße, Fruchtbildung, Blüh- und Herbstaspekte etc. waren bei der Auswahl der prägenden Pflanzen im Besonderen die symbolhaften Aspekte von Bedeutung:
Zwei Sechsergruppen aus Japanischen Zierkirschen bilden am Westende des Friedhofs einen eleganten Rahmen für das Mahnmal. Planungsziel war die Ausformung eines kleinen, das Mahnmal flankierenden Hains. Die (japanische) Zierkirsche steht nicht nur in Fernost exemplarisch für den Lebenslauf des Menschen und seine verschiedenen Stadien, für Werden und Vergehen, für Vergänglichkeit und Neuanfang.
Das Rasenpodest vor dem Seitenflügel des Leichenhauses ist von einer Sitzkante umgeben. Eine einzelne Schwarzkiefer setzt hier einen gestalterischen Akzent. Immergrüne Pflanzen stehen in den verschiedensten Kulturen weltweit wie auch in der christlichen Symbolik für das (ewige) Leben bzw. für die Hoffnung auf einen Neubeginn. Die Solitärkiefer soll in der Hälfte des Jahres, in der die anderen Pflanzen kein Laub mehr tragen, diese Hoffnung vermitteln.
Die Pflanzflächen entlang der Mittelachse wurden als pflegeleichte Lavendelfelder mit vereinzelten weißen Bodendeckerrosen angelegt. Die Anzahl der Rosen erhöht sich in Richtung Mahnmal.
Die Namen aller Mainkofener Opfer - soweit man sie kennt - stehen mit Lebensdaten auf zwei transparenten Glastafeln zu beiden Seiten einer Kreuzform, die sich durch Aussparung in einem großen Granitstein ergibt. Im Eingangsbereich beschreiben 5 Glastafeln in die Tötungsmaßnahmen in Mainkofen:
Das heutige Bezirksklinikum Mainkofen wurde 1911 als Heil- und Pflegeanstalt eröffnet. Sie war ein herausragendes Beispiel damaliger Reformpsychiatrie. Ihr dunkelstes Kapitel erlebte die Einrichtung während des Dritten Reichs. Hunderte Patienten wurden zwangssterilisiert oder fielen akribisch geplanten Tötungsmaßnahmen zum Opfer.
Die politisch angestrebte Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ eskalierte mit Kriegsbeginn 1939. Der NS-Staat erklärte Anstalts- und Heimbewohner erbbiologisch und gesellschaftlich für minderwertig. Damit waren sie zum staatlich befohlenen Massenmord freigegeben. Die planmäßig durchgeführte Vergasung von psychisch Kranken hieß T 4-Aktion - benannt nach dem Sitz der Organisationszentrale in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Die Heil- und Pflegeanstalten mussten ihre Patienten nach Berlin melden. Dort entschieden Gutachter mit "+" oder "-" auf den Meldebögen darüber, ob der Betroffene in eine der sechs reichsweit eingerichteten Gastötungsanlagen deportiert wurde. Eine der Tötungsanstalten war Schloss Hartheim bei Linz. Dorthin wurden von Januar 1940 bis August 1941 mit fünf Transporten über 600 Patienten aus der Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen vom Bahnhof Pankofen aus transportiert. Am Zielort fanden die Opfer ihren Tod in der Gaskammer.
Die Vernichtungstransporte ließen sich auf Dauer nicht verheimlichen und erregten Protest. Die "geheime Reichssache T 4" wurde am 24.08.1941 eingestellt. In der zweiten Phase der Euthanasie wurde dezentral in den Anstalten und Heimen durch Überdosierung von Medikamenten, Nichtbehandlung von Krankheiten, Kälte und Hunger getötet. Für die nicht arbeitsfähigen Patienten kam mit dem „Bayerischen Hungerkost-Erlass“ vom 30.11.1942 die sogenannte "3b-Kost" zur Anwendung: Sie wurden fortan mit fleisch- und fettloser Sonderkost ernährt, bis sie innerhalb weniger Monate an Unterernährung durch Entkräftung starben. Mehrere hundert solcher Todesfälle gab es auch in Mainkofen. In die Krankenakten wurde regelmäßig Lungentuberkulose oder Darmkatarrh als Todesursache eingetragen. Dies erschwert die Ermittlung der genauen Opferzahlen.
Mehr lesen +
Planungsbüros
raum + zeit
Landshut
Projektzeitraum
2012
- 2014
Größe
4.000 m2
Bausumme
170.000 EUR brutto
Auftraggeber
Bezirk Niederbayern
84028 Landshut
Adresse
Mainkofener Straße
94469 Deggendorf
Deutschland